Elektroosmotische / Elektrophysikalische Mauerwerksentfeuchtung

Die Wirkungsweise und das Prinzip des elektroosmotischen Effektes kennt man schon seit über 100 Jahren. In verschiedenen Objekten wie Schloss Schönbrunn in Österreich oder die Petersburg in St. Petersburg wurde die Elektroosmose schon sehr früh eingesetzt. Die elektrophysikalische Mauerwerksentfeuchtung ist eine Weiterentwicklung der elektroosmotischen Mauerwerksentfeuchtung.

Schon 1806 erkannte Prof. Reuss das sicht Wassermoleküle zum negativen Pol bewegen und schuf damit die Grundvoraussetzung für die Elektroosmose. Wie in Kapitel 2 erklärt, ist die treibende Kraft, das die Wassermoleküle entgegen der Schwerkraft nach oben wandern, das natürliche elektrische Potential (Zeta-Potential) von Gebäuden. Da die Spannung im mV-Bereich liegt, genügt eine geringe elektrische Gleichspannung, mit entgegengesetzter Polarität, um die Wassermoleküle am weiteren Aufsteigen zu hindern und über die natürliche Schwerkraft durch die Kapillaren wieder nach unten zu führen.
Prinzipiell sind Mauerwerk und Wasser ohne Inhaltsstoffe elektrische Nichtleiter. Erst die beim Einbau und vom Erdreich eingebrachten Salze, Mineralien usw. machen das Mauerwerk elektrisch leitfähig. Um die Wassermolekühle mit dem elektrophysikalischen Verfahren wieder nach unten zu führen sind sehr komplexe Zusammenhänge zu beachten. Leider ist dieses Wissen in den letzten Jahrzehnten fast verloren gegangen, da man den neuen Anwendungen oft zu viel Glauben geschenkt hat.

Bedenken Sie bitte auch, dass auch diese Systeme physikalische Grenzen haben und sich der erhoffte Erfolg sich nicht immer so einstellen kann. Auch diese Systeme können einen alten Keller nicht zum Wohnraum umfunktionieren.

Die elektrophysikalische Mauerweksentfeuchtung beruht auf der Bildung einer elektrischen Doppelschicht an der Phasengrenze zwischen fester und flüssiger Materie, d.h. zwischen Phasenwanderung und Porenflüssigkeit. Das Verfahren benötigt fundiertes Wissen in den Bereichen Baustoffkunde, Elektrotechnik, Chemie und viele weiteren Gewerken.
Es gibt verschiedene Bezeichnungen für diese Verfahren, verschiedene Hersteller haben eigene Begriffe, die auch für Fachleute schlecht einzuordnensind.
 
Man unterscheidet bei diesen Verfahren im Wesentlichen in:
  • passive Elektroosmose
  • aktive Elektroosmose
  • passive elektrophysikalische Systeme (Funksysteme)
  • aktive elektrophysikalische Systeme (Funksysteme)
Die vier grundlegenden Verfahren werden in den folgenden Kapitteln weiter kurz erläutert.
 
Das anwenden des elektroosmotischen / elektrophysikalischen Prinzips bietet gegenüber anderen Sanierungsmethoden eine Reihe von Vorteilen: 
  • kein Einsperren der Feuchte, sondern langfristiege Entfeuchten des Mauerwerks möglich
  • unter Umständen auch die Entfeuchtung der Bodenplatte möglich
  • meist ohne großen Aufwand zu Installieren
  • aufgrund der Entfeuchtung des Mauerwerks (und des Bodens) kann der Keller unter Umständen auch als Wohnraum mit ggf. leichten Einschränkung genutzt werden
  • Anhebung des U-Wertes (Isolierwert) der Mauer und dadurch höhere Oberflächentemperaturen und verminderung der Wärmeverluste
  • je nach Systemanbieter ca. 100m² Wirkungsfläche (Bodenfläche) je Systemeinheit
  • genaue Bestimmung einer möglichen drückenden Feuchte nach Sperrung der aufsteigenden Feuchte messtechnisch möglich
  • bei eletroosmotischen Systemen kein Elektrosmog
  • meist keine statische Beeinträchtigung
  • keine unwiderrufliche chemische Veränderung des Mauerwerkes
  
Nachteile: 
  • bei manchen Gebäudetypen, verschiedenen Mauerwerkstoffen oder geometrischen Besonderheiten verminderte Wirkung
  • bei Stellen mit hoher Nitritbelastung (Kuhstall, Aborte usw.) physikalisch bedingt lokal "keine" Wirkung
  • unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Stromkosten entstehen jährliche Kosten von ca. 15€ (bei aktiven Systemen, Herstellerabhängig)
  • Sanierungszeitraum ca. 2 Jahre und länger (abhängig von der Mauerwerksstärke und dem Grad der Durchfeuchtung)
  • bei Funksystemen ggf. geometrische Grenzen bei dicken Mauern und an der Bodenplatte
  
Hinweis: 
  • bei zusätzlich drückender Feuchte oder Oberflächenwasser wird diese Feuchte permanent ins Erdreich abgeführt. Dies kann zu weiteren Bauschäden führen. Deshalb sollte die drückende Feuchte ebenfalls zeitnah abgedichtet werden
  • da sich Salzkristalle beim Austrocknen 7-10-fach ausdehnen, kann es zu weiteren Putzablösungen kommen, da der Putz die meisten Salze enthält

Wichtig: 

Wie auch in vielen anderen Bereichen sind auch bei diesen Anbietern schwarze Schafe am Markt. Oft wird ein System ohne Notwendigkeit verkauft, da die Kunden bauphysikalisch Laien sind. Viele Vertreter kommen aus gewerkefremden Bereichen und können die komplexen Zusammenhänge fachlich nicht erkennen. Für den Kunden, der meist ebenso Laienhaft ist, wird es schwer die Spreu vom Weizen zu trennen. Lassen Sie sich von Sonderangeboten nicht verlocken und drängen. Fragen Sie kritisch nach, besuchen Sie die angegebenen Referenzen und lassen Sie sich Garantien vertraglich absichern. Beachten Sie bei den angegebenen Garantien, dass Sie bei späteren Reklamationen beweispflichtig sind. Besser sind Anbieter die erst bei Nachweis der Entfeuchtung eine Rechnung stellen, bei solchen Anbietern hat der Kunde das geringste Risiko und bei einer nicht funktionierenden Anlage kein Geld verloren.

Diese Systeme beeinflussen die Bausubstanz sehr gering und können bei Erfolg / Nichterfolg nur wenig bleibende und irreparable Bauschäden verursachen.

Prinzipiell verfolgt die elektroosmotische / elektrophysikalische Sanierungsmethode den Grundsatz, dass ein Mauerwerk nicht für eine dauerhafte Durchfeuchtung ausgelegt ist. Der Betrachtungszeitraum eines Gebäudes ist 100 Jahre und mehr. Deshalb ist es unerlässlich, die Bausubstanz so zu erhalten wie sie vom Baumeister geplant und errichtet worden ist. Nur spezielle Bauwerke wie Wasserschlösser, Brückenpfeiler, Dämme usw. waren für dauerhafte Feuchte im Mauerwerk geplant und Materialmäßig auch ausgeführt.

Bei einer zusätzlich vorhandenen drückende Feuchte oder Oberflächenwasser sollte diese zeitnah durch geeignete Maßnahmen gesperrt werden. Sie kann nach sperren der aufsteigenden Feuchte ziemlich genau lokalisiert werden. Bei kleinen Stellen reicht unter Umständen eine Vergelung von innen oder gezieltes Aufgraben von außen zum Abdichten aus.
Der Entfeuchtung kann je nach Bausubstanz und Feuchtegehalt 2 Jahre und mehr benötigen. Dies ist aber notwendig, da für die Wirksamkeit eine gewisse Leitfähigkeit benötigt wird. Wenn man bedenkt dass die aufsteigende Feuchte oft Jahrzehnte gebraucht hat um das Mauerwerk zu durchfeuchten, ist dies nicht als großer Mangel anzusehen. Dauerhafte und schonende Sanierungen benötigen ihre Zeit.
 
Kein System kann alleine eine Mauerwerksentfeuchtung bewirken. Es sind fast immer mehrere Maßnahmen zu ergreifen. Auch die elektroosmotischen / elektrophysikalischen Systeme sind nur in Kombination mit begleitenden Sanierungsmaßnahmen sinnvoll.

 



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